Völkerrechtliche Grenzen der Ausübung wirtschaftlichen Drucks zwischen Staaten
Teilprojekt Vincent Holzhauer
Das selbstbewusste und zunehmend als aggressiv wahrgenommene handelspolitische Auftreten Chinas seit 2015 hat in der Europäischen Union zu einem Umdenken hinsichtlich der Legitimität der Einflussnahme auf die Entscheidungsfindung in Drittstaaten geführt. So versucht die Union mit dem 2023 geschaffenen Instrument zur Bekämpfung von Zwangsmaßnahmen ihren Binnenraum vor Einmischung durch wirtschaftlichen Druck von außen zu schützen. Unter diesem Eindruck muss sich auch die Union der Frage stellen, ob es noch zeitgemäß ist, durch eigenen wirtschaftlichen Druck in der Form von Wirtschaftssanktionen Veränderungen in anderen Staaten herbeizuführen. Wurden eigene Wirtschaftssanktionen bislang als friedliche Mittel zur Durchsetzung internationaler Normen und zur Förderung demokratischer Werte gepriesen, so werden sie zunehmend aufgrund ihrer Ineffektivität, ihrer potenziell negativen Auswirkungen auf die betroffene Bevölkerung und ihres möglichen Widerspruchs zu völkerrechtlichen Prinzipien kritisiert.
Vor diesem Hintergrund soll die vorliegende Studie die rechtlichen Dimensionen unilateraler Wirtschaftssanktionen außerhalb des Systems der Vereinten Nationen beleuchten. Dabei wird die Frage aufgeworfen, inwieweit solche Maßnahmen mit den Prinzipien des Völkerrechts, insbesondere dem völkerrechtlichen Nichteinmischungsgebot bzw. Interventionsverbot, vereinbar sind und ob sie die angestrebten Ziele tatsächlich erreichen. Neben der Analyse der zwischenstaatlichen Praxis anhand vergangener Sanktionsereignisse steht die Frage der Entscheidungsfindung und Verantwortlichkeit der Union als atypischer Sanktionsakteur im Verhältnis zu ihren Mitgliedstaaten im Mittelpunkt.